Stiften gehen –
Wertegemeinschaften für eine Zukunftsökonomie
„Wirtschaft hat nur dann Zukunft, wenn sie sich immer wieder geistesgegenwärtig den Fragen aus dem Unternehmen und dem gesellschaftlichen Kontext stellt.“ (Alfred Rexroth)
Spätestens nachdem die Börsen während der Finanzkrise in 2008 strauchelten, hat sich das bisherige Wirtschaftssystem selbst überholt. Und manchmal braucht es diese Krisen, um den Boden für Neues zu bereiten. Marode, nicht mehr tragfähige Gebäude immer wieder behelfsmäßig zu kitten, löst das Problem nicht. Und ist genauso effektiv, wie den Schimmelpilz im feuchten Keller mit neuer Farbe zu überpinseln. Auch in der Wirtschaft gilt „Sharing is caring“, und so haben Überlegungen zu neuen, zukunftsfähigen Wirtschaftsformen unter anderem dazu geführt, dass das bereits seit 130 Jahren existierende Prinzip „Verantwortungseigentum“ großen Zuspruch erfährt. Und dies nicht nur bei den üblichen Verdächtigen.
Große, mittelständische aber auch Start-up Unternehmen aus unterschiedlichen Sektoren, Branchen und Zusammenhängen suchen nach Wegen, das Modell Familienbetrieb neu zu denken und zu erweitern – durch eine konsequente Trennung von Verantwortung und Kapital. Losgelöst von Shareholder-Interessen findet echte Selbstbestimmung statt, der jeweiligen Unternehmensidee dienend. Vermögen dient nicht mehr der Bereicherung Einzelner, sondern immer einem Zweck, einem Ziel und der Zukunft. Denn Gewinn ist weder gut noch schlecht – die wesentlichen Fragen lauten, wie er erwirtschaftet und wie er verwendet wird. Und wie diese Anliegen ihren entsprechenden institutionellen Ausdruck in einer geeigneten Unternehmensform finden können.
Mit der Gründung der Neuguss Stiftung am 25.11.2019 hat die Neuguss diesen Gedanken konsequent umgesetzt und im März 2021 die Übertragung der Gesellschafteranteile zu 100% vollzogen. Die Struktur eines Stiftungsunternehmens ist auf Langfristigkeit ausgerichtet, auf Nachhaltigkeit im umfassenden Sinne – ökologisch, ökonomisch und sozial. Die Stiftung verschafft der Neuguss und ihren beteiligten Unternehmen Unabhängigkeit und ein Wirtschaften frei von Erwartungen Dritter. Sie wird auch institutionell zu einer echten Wertegemeinschaft. Aber nicht nur die Werte, auch das Tempo, nach dem gewirtschaftet wird, ist selbstbestimmt. Die Aufgabe einer Stiftung liegt einmal im Bewahren der vereinbarten Werte; nicht im Sinne einer Konservierung, sondern vielmehr im Sinne eines Lebendigerhaltens. Im Wort stiften verbirgt sich nicht nur das Schenken, (Hin-)Geben, sondern auch das Anstiften. Und dies führt uns zu einem weiteren sehr schönen Aspekt dieses Modells. Wir bleiben nicht nur „in der Familie“, bei uns. Wir verbinden uns ganz bewusst auch mit unserem Umfeld, denn der erwirtschaftete Gewinn fließt in gemeinnützige, förderungswürdige Projekte und Vorhaben und wird somit zum sozialen Gestaltungsmittel. Sharing ist nämlich nicht nur caring, sondern auch creating. Uneigennützig und in der Hinwendung zum Anderen.