Praxispartnerschaft Alanus –
Voneinander lernen
Jonathan Kümmerle hat bereits während seiner Schulzeit eigene Projekte ins Leben gerufen. Allen gemein war, dass sie nachhaltig im umfassenden Sinn sein sollten. Für sein Studium„Wirtschaft neu denken“ an der Alanus Hochschule in Alfter ist er auf der Suche nach einem Praxispartner auf die Neuguss aufmerksam geworden. Eine Beziehung, die bis heute hält und Früchte trägt. Für beide Seiten. Inzwischen betreibt Jonathan mit Partner:innen zusammen das Unternehmen Himmel un Ääd, das Produkte regionaler Biolebensmittel-Produzent:innen mit dem Lastenfahrrad zu den Kund:innen bringt. Und SiClaro, ein Unternehmen was sich der sexuellen Bildung und Enttabuisierung verschrieben hat. Und er berät Firmen wie die Neuguss in Sachen Nachhaltigkeit und Organisation.
Du bist während Deines Studiums „Wirtschaft neu denken“ an der Alanus Hochschule in Alfter mit der Neuguss zusammengekommen. Magst Du berichten, wie es dazu kam?
Ich hatte schon während der Schulzeit ein ausgeprägtes Interesse an Management- und Organisationsfragen; allerdings war ein konventionelles Betriebswirtschaftsstudium nichts für mich. Auf der Suche nach einer geeigneten Universität bin ich auf die Alanus Hochschule in Alfter aufmerksam geworden. Ausschlaggebend für Alfter im Vergleich zu anderen Unis mit ähnlich gelagerten Studiengängen war die Praxispartnerschaft, die die Alanus Hochschule in diesem Studiengang über drei Jahre anlegt.
Auf der Suche nach eben diesem Praxispartner bin ich auf die Neuguss Gruppe gestoßen, deren Konzept ich für äußerst zukunftsfähig halte. Zunächst war ich skeptisch, ob ein Unternehmen wie STOCKMAR aufgrund der Unternehmensgröße ausreichend geeignete Projekte für meine Praxiszeit bieten würde. STOCKMAR ist einerseits global aktiv, andererseits aber ganz klein. Schon beim ersten Austausch sind mir dann aber alle Zweifel genommen worden. Diese unglaublich herzlichen Mitarbeiter waren auch ausschlaggebend für STOCKMAR .
Welche Projekte konntest Du dann bei STOCKMAR angehen?
Hauptprojekte waren das Thema „True Cost Accounting“ – dabei handelt es sich um eine Form der Kostenrechnung, die die gesamtgesellschaftlichen Folgekosten, also auch ökologische und soziale, in die Buchhaltung einbezieht. Im weiteren Verlauf war ich dann auch am GWÖ-Bilanzierungsprozess beteiligt, den STOCKMAR zu diesem Zeitpunkt erstmalig durchführte und habe verschiedene Workshops und Projekte entwickeln und begleiten können.
Wie hast Du die Zusammenarbeit wahrgenommen?
Die Zusammenarbeit war wie oben beschrieben geprägt von einem sehr herzlichen Miteinander. Und das gemeinsame Arbeiten an Fragestellungen und Projekten gibt unglaublich viel Kraft. Besonders war, dass ich von Anfang an sehr eigenverantwortlich arbeiten konnte. Dieses sehr Freilassende gibt einen unglaublichen Gestaltungsspielraum – aber es kann eben auch sehr anstrengend sein. Ich war manchmal vier Wochen allein, was ich persönlich sehr gut abkann bzw. diese Zeiten genutzt habe, um zum Beispiel Einblicke in die Produktion zu bekommen. Es ist aber sicherlich nicht für jede:n gut geeignet.
In den letzten beiden Praxisphasen hatte ich dann das Gefühl, dass das Ende der Fahnenstange so langsam erreicht war. Ich hatte Lust auf Neues, und das war im Dialog mit Inke (Kruse, Geschäftsführerin STOCKMAR) dann tatsächlich auch möglich. Ich hatte das Gefühl, dass wir uns bereits zu dieser Zeit auf Augenhöhe begegnen konnten. Dass ich als Mensch mit meinen Fähigkeiten und Fragen gesehen und ernst genommen wurde.
Diese Praxispartnerschaft ist ja ganz bewusst nicht geknüpft an eine spätere Übernahme. Es geht um das „voneinander Lernen“, aber eben auch um das Freilassende. Was hast Du aus dieser Zeit mitgenommen, gerade für andere bzw. eigene Projekte?
Man muss einmal ganz klar feststellen, dass Theorie und Praxis wirklich weit voneinander entfernt sind, deshalb sind diese praktischen Erfahrungen ganz wesentlich. Ich habe unglaublich viele Einblicke bekommen und auch Transparenz und Offenheit erlebt, gerade auch im Umgang mit kritischen Fragestellungen. Das war wirklich sehr fruchtbar!
Für mich war ganz wesentlich – gerade auch mit Blick auf mein jetziges eigenes Unternehmen – das Spannungsfeld zwischen Führung und Arbeit und die Perspektive auf die Frage: Wie funktioniert Führung? Auch hier war der Austausch vor allem mit Inke unglaublich fruchtbar. Ich glaube aber tatsächlich, dass beide Seiten von diesem Miteinander profitiert haben und auch ich Impulse und Transformationsanstöße geben konnte. Zwar musste (und muss noch immer) Inke meine jugendliche Ungeduld aushalten. Aber offenbar sind eben sehr unterschiedliche Perspektiven auf ein und dieselbe Fragestellung auch für ein Unternehmen wichtig und sinnvoll. Ich durfte bereits für STOCKMAR auch nach meiner dortigen Praxisphase einen Workshop und einen Kultur-Tag umsetzen und plane auch mit der Neuguss Projekte für 2022. STOCKMAR und Neuguss sind zwar beides „ältere Schiffe“ mit insgesamt 150 Jahren auf dem Buckel, aber es ist dennoch möglich, richtig coole Projekte zu entwickeln. Man merkt eben, die Anderen haben auch Bock auf dieses Miteinander.
Wie siehst Du (Deine) Zukunft und was braucht es dazu?
Ich würde in der Unternehmensführung meiner Vorhaben gerne noch einiges verändern. Der „Finanzdruck“ ist wirklich deutlich spürbar, und das ist mir noch nicht „anders wirtschaften“ genug. Ich möchte keinesfalls weniger arbeiten, aber eben anders. Ich habe Lust, eigene Produkte zu entwickeln und stärker auch an Fragen von Umsetzbarkeit von Entwicklungsprojekten arbeiten zu können. Ich möchte gerne Menschen in der Region noch stärker zusammenbringen.
Aber diese Innovationsprojekte, die wirklich coolen Sachen – dafür braucht es freies Geld, weil Dir der Profitabilitätsdruck sonst immer im Nacken sitzt. Und unter Druck nichts wirklich Neues entstehen kann.