50 Jahre: 1972 - 2022
Geschichten zum Neuguss-Jubiläum
In Beziehung sein – Geschichten zum Jubiläum

NetzWerke –

Miteinander, füreinander.

„Wenn man Schritte miteinander macht, ist das immer wieder eine Entscheidung füreinander. Das ist für mich Zukunftsgestaltung.“ (Nikolai Fuchs)

So paradox es zunächst klingen mag - um gemeinschaftsfähig zu sein, muss man die eigene Unabhängigkeit bewahren. Oder wie man mit Blick auf Lebenspartnerschaften auch gerne sagt, es kann nur gut zusammenleben, wer auch alleine leben kann. Diese kleinste, gemeinsame Einheit zeigt in schöner Weise, worauf es beim Miteinander ankommt. Weg vom Egoismus und in der Hinwendung zum Gegenüber – vom Ich zum Du. Bei dieser Bewegung sind wir ständig gefordert, die eigenen Interessen zurückzustellen, damit sich das Andere, das Gegenüber, in uns und über uns aussprechen kann. Diese Zurücknahme braucht die bewusste Entscheidung genau dafür, ein ausgeprägtes Wollen also. Nur eine souveräne Individualität kann sich zurücknehmen und an geeigneter Stelle wieder einbringen. Dieses miteinander Schwingen ermöglicht es, Synergien zu stärken. Hierbei ist auch die Auseinandersetzung wesentlich, denn nur so entwickeln wir uns auch weiter. Zudem erzeugt Reibung Wärme. In einer Partnerschaft geht es weder um Vereinheitlichung noch um Harmonie um jeden Preis. Vielmehr geht es um Ko-Operation, um das gemeinsame Tun.

Diese Gemeinschaftsform aus selbstbestimmten Individuen ist das Ur-Bild der Neuguss-Gruppe, und so gehört es zu ihren wesentlichen Aufgaben, die Individualität ihrer Mitglieder immer wieder zu stärken, weil eine Gemeinschaft bekanntermaßen nur so stark ist wie ihr schwächstes (Mit-)Glied. Was diese Gemeinschaft also seit 50 Jahren übt, ist ein Miteinander auf Augenhöhe. Miteinander, füreinander. Das Modell der „Assoziativen Wirtschaft“ wurde zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts von Rudolf Steiner formuliert und wird seitdem in der Praxis fortwährend erprobt und weiterentwickelt. Allerdings bislang vornehmlich in der anthroposophischen Community. Erst nachdem die Börsen zur Finanzkrise strauchelten, ist die Erkenntnis, dass sich unser bisheriges Wirtschaftssystem selbst gegen die Wand fährt, auch in konventionellen Betrieben und Unternehmungen gewachsen. Das Prinzip der „Assoziativen Wirtschaft“ baut auf unternehmerischer Freiheit und Initiative und sieht seine Aufgabe darin, echte Bedürfnisse zu befriedigen. Deshalb steht die Frage „Was brauchst Du?“ im Mittelpunkt. Und obwohl wir hier von einer Systemalternative sprechen, kann jede:r in seinem Umfeld damit anfangen. Auch hier ist die Bewegung weg vom Egozentrismus hin zum Gegenüber, zu Kund:innen, Partner:innen. Wenn wir innerhalb eines solchen Netzwerks jeweils auf die Bedürfnisse des Anderen re-agieren, so sind auch unsere Bedürfnisse bedacht. Eine Wirtschaft also, die im besten Sinne auf Geschwisterlichkeit beruht und somit im Kern ein soziales Ereignis ist.